Auch E-Commerce-Unternehmen können die Forschungszulage erhalten - sofern sie förderfähige Forschungs- und Entwicklungsprojekte (F&E) durchführen. Das Forschungszulagengesetz (FZulG) gilt vollkommen unabhängig von der Branche oder Größe eines Unternehmens.Die steuerliche Innovationsförderung beträgt bis zu 35% der förderfähigen Kosten für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) – maximal 3,5 Millionen Euro pro Jahr.
Viele Onlinehändler wissen nicht, dass ihre innovativen Projekte förderungsfähig sein könnten. Von KI-gestützten Produktempfehlungen über Betrugserkennung bis hin zu innovativen Plattform-Architekturen – die Möglichkeiten sind vielfältiger als gedacht.
Was ist die Forschungszulage - und warum ist sie für E-Commerce relevant?
Die Forschungszulage ist eine steuerliche Förderung des Bundes, die seit 2020 alle Unternehmen aller Größen und Branchen unterstützt, die in Deutschland steuerpflichtig sind und Forschung und Entwicklung betreiben. Gerade für den Onlinehandel ist sie eine oft unterschätzte Möglichkeit, technologische Entwicklung steuerlich geltend zu machen.
Die wichtigsten Fakten im Überblick:
- 25% Förderung der förderfähigen Kosten (KMU bis zu 35%)
- Maximale Bemessungsgrundlage: 10 Millionen Euro pro Jahr
- Maximale Fördersumme: 2,5 Millionen Euro (KMU bis zu 3,5 Millionen Euro)
- Rückwirkende Beantragung für bis zu vier Jahre möglich
Besonders interessant für E-Commerce-Unternehmen: Insbesondere im Bereich der Softwareentwicklung tummeln sich viele Begünstigte der Forschungsförderung. Die Digitalisierung und der technologische Wandel im Online-Handel bieten zahlreiche Ansatzpunkte für förderfähige Innovationen.
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Anfrage stellenWelche E-Commerce-Projekte sind förderfähig? Konkrete Beispiele aus der Praxis
KI-gestützte Innovationen im E-Commerce
Förderfähige KI-Projekte:
- Intelligente Produktempfehlungen: Entwicklung neuer Technologien im E-Commerce durch Einsatz von künstlicher Intelligenz zur Optimierung von Geschäftsprozessen und Kundenerfahrungen
- Betrugserkennung: Eigenständige Entwicklung von Machine-Learning-Systemen, die betrügerische Muster in Echtzeit erkennen
- Dynamic Pricing: Entwicklung von Algorithmen für intelligente Preisanpassungen basierend auf Nachfrage, Lagerbestand und Marktdaten
Plattform- und Software-Entwicklung
Innovative E-Commerce-Lösungen:
- Headless Commerce: Entwicklung modularer, skalierbarer Shop-Architekturen mit innovativen Features
- Progressive Web Apps (PWAs): Eigenentwicklung fortschrittlicher Web-Anwendungen für mobile Nutzerfreundlichkeit
- Microservices-Architektur: Aufbau neuer, skalierbarer Backend-Systeme
Sicherheits- und Datenschutz-Innovationen
- Neue Verschlüsselungsmethoden: Entwicklung eigener Sicherheitslösungen zum Schutz von sensiblen Kundendaten
- Blockchain-Integration: Innovative Anwendungen für Lieferketten-Transparenz oder Zahlungsabwicklung
- Zero-Trust-Sicherheitsmodelle: Eigenentwicklung fortschrittlicher Sicherheitskonzepte
Welche Projekte sind nicht förderfähig?
Nicht gefördert werden:
- Bestehende Softwareteile oder Tools, die einfach nur neu zusammengeschraubt werden
- Integration oder Anpassung bestehender Shop-Systeme ohne eigene Forschungsleistung
- Reine Optimierung von Prozessen ohne technisches Risiko
- Zusammensetzen von Standardtools ohne originäre Entwicklung
Wichtig: Nicht gefördert werden Vorhaben, die zwar innovativ bezogen auf den Markt sind, die aber kein technologisches Risiko beinhalten. Eine neu entwickelte Smartphone-App mit Standardprogrammierung gilt als Stand der Technik und birgt kein ausreichendes technisches Risiko.
Die drei Kernkriterien für förderfähige Forschungs- und Entwicklungsprojekte
1. Neuartigkeit: Über den aktuellen Stand der Technik hinaus
Ihr Projekt muss neue oder wesentlich verbesserte Produkte, Verfahren oder Dienstleistungen entwickeln. Die Innovation muss über den aktuellen Stand der Technik in der E-Commerce-Branche hinausgehen.
Praxisbeispiel: Die Entwicklung einer eigenen KI-Engine für Produktempfehlungen, die neue Algorithmen nutzt und deutlich bessere Ergebnisse als marktübliche Lösungen erzielt.
2. Technisches oder wissenschaftliches Risiko: Ungewissheit im Projekterfolg
Das wichtigste Kriterium in der Beantragung ist das des technischen oder wissenschaftlichen Risikos. Wenn zu Beginn eines Projektes unklar ist, ob das Projektziel technisch erreichbar ist oder wie viele Ressourcen dafür benötigt sind, dann sind die Chancen auf eine Förderung sehr hoch.
Entscheidende Fragen:
- Ist der Erfolg des Projekts technisch ungewiss?
- Könnten unvorhergesehene technische Hürden auftreten?
- Sind neue Lösungsansätze erforderlich?
3. Planmäßigkeit: Strukturierte Herangehensweise
Klare Zielsetzungen, strukturierte Planung, Zeitpläne, Arbeitspakete und Ressourcenplanung müssen vorliegen. Dies unterscheidet echte F&E-Projekte von ungeplanten Experimenten.
Wie hoch sind die förderfähigen Kosten? Personalkosten und Zeiterfassung
Förderfähige Personalkosten im Detail
Was wird gefördert:
- Personalausgaben (Gehälter ohne Nebenkosten) für die am jeweiligen F&E-Projekt als Forscher beteiligten Arbeitnehmer mit dem Arbeitszeitanteil, den sie für das Projekt erbringen
- Bruttogehälter und Arbeitgeberanteile der fest angestellten Mitarbeiter
- Projektbezogene Boni oder Sonderzahlungen für F&E-Tätigkeiten
- 60 Prozent des Entgelts für begünstigte Forschungsaufträge an Dritte (ab 2024: 70%)
Praktisches Berechnungsbeispiel
Verbringt zum Beispiel ein Mitarbeitender mit einem Jahresgehalt von (inklusive Arbeitgeberbeiträge) 100.000 Euro 40 Prozent seiner Arbeitszeit auf einem begünstigten F&E-Projekt, dann sind 40.000 Euro die Bemessungsgrundlage, die zu einer Forschungszulage in Höhe von 10.000 Euro für Nicht-KMU führt.
Für KMU würde die Förderung bei 35% liegen, also 14.000 Euro.
Zeiterfassung: Ein Muss für den Erfolg
Kritische Anforderungen:
- Nur tatsächlich auf F&E entfallene Arbeitszeit ist förderfähig
- Präzise, projektbezogene Zeiterfassung ist zwingend erforderlich
- Urlaubs-, Krankheits- und Feiertage werden abgezogen
- Dokumentation muss plausibel und prüfbar sein
Praxistipp: Implementieren Sie von Projektbeginn an ein digitales Zeiterfassungssystem mit projektspezifischen Codes für F&E-Tätigkeiten.
Der Antragsprozess: Schritt für Schritt
Schritt 1: Bescheinigung bei der BSFZ
Online-Antrag bei der Bescheinigungsstelle Forschungszulage (BSFZ):
- Online-Antrag, kostenfrei
- Detaillierte Beschreibung des Vorhabens: Zielsetzung, Innovationshöhe, technisches Risiko
- Arbeitsplan mit Zeitplänen und Meilensteinen
- Geplante Kosten und Personalaufwand
- Die BSFZ prüft für jedes Wirtschaftsgut, ob es für die Umsetzung des jeweiligen FuE-Vorhabens notwendig ist
Schritt 2: Festsetzung beim Finanzamt
Nach positiver BSFZ-Bescheinigung:
- Ausfüllen des ELSTER-Formulars beim Finanzamt
- Nur einmal pro Wirtschaftsjahr möglich
- Umfassende Nachweise: Lohnjournale, Zeiterfassungen, Verträge, Rechnungen
- Präzise Angaben zu Personalkosten und Auftragskosten
Schritt 3: Auszahlung oder Verrechnung
Flexible Nutzung der Förderung:
- Verrechnung mit Körperschaft- oder Einkommensteuer bei nächster Veranlagung
- Überschüsse werden ausgezahlt (auch bei Verlustunternehmen)
- Ab dem 01.01.2025 kann die Zulage auch bei der Höhe der Vorauszahlungen berücksichtigt werden
Typische Fallstricke vermeiden: Was E-Commerce-Unternehmen beachten müssen
Häufige Fehler und deren Vermeidung
Dokumentation:
- Die Beantragung der Forschungszulage erfordert eine sorgfältige Dokumentation und Planung, um etwaige Nachforderungen oder Ablehnungen zu vermeiden
- Mindestens drei Monate für die Vorbereitung einplanen
- Alle F&E-relevanten Aktivitäten lückenlos dokumentieren
Projektabgrenzung:
- Nicht alle Projektaktivitäten sind förderfähig
- Klare Trennung zwischen F&E und Routine-Softwareentwicklung
- Die BSFZ prüft streng nach dem Frascati-Handbuch der OECD: Nur Projekte mit echter technischer Ungewissheit und Innovationshöhe sind förderfähig
Wichtige Fristen beachten
- Die Forschungszulage lässt sich rückwirkend für bis zu vier Jahre beantragen
- Die Forschungszulage kann 4 Jahre rückwirkend beantragt werden, folglich endet die Antragsfrist für Projekte ab 2020 bereits 2024!
- Antrag auf Festsetzung nur einmal pro Wirtschaftsjahr möglich
CDU und SPD planen Verbesserungen bei der Forschungszulage 2025:
Mit dem Koalitionsvertrag 2025 hat sich die Bundesregierung klar zur Forschungszulage bekannt und angekündigt. Mit dem „Wachstumsbooster“-Gesetzes wurden im Juni 2025 bereits konkrete Verbesserungen vorgestellt:
- Erhöhung der Bemessungsgrundlage: Die maximale Bemessungsgrundlage für die Forschungszulage soll von derzeit 10 Millionen Euro auf 12 Millionen Euro pro Jahr steigen. Das bedeutet, Unternehmen können künftig höhere förderfähige Aufwendungen steuerlich geltend machen.
- Höhere maximale Förderung: Mit der Anhebung der Bemessungsgrundlage steigt die maximale jährliche Förderung für Unternehmen auf bis zu 3 Millionen Euro, für KMU sogar auf bis zu 4,2 Millionen Euro.
- Pauschale Berücksichtigung von Gemein- und Betriebskosten: Ab 2026 sollen Gemein- und sonstige Betriebskosten pauschal mit 20 Prozent der förderfähigen Aufwendungen anerkannt werden – allerdings nur für F&E-Vorhaben, die nach dem 31.12.2025 starten. Das erleichtert vor allem KMU die Abrechnung, da aufwändige Kostenstellenrechnungen entfallen.
- Ausweitung förderfähiger Aufwendungen: Es ist geplant, die Bandbreite der förderfähigen Ausgaben weiter zu erhöhen. Dazu zählen künftig auch pauschale Abschläge, die das Verfahren vereinfachen und bürokratische Hürden abbauen sollen.
- Vereinfachung des Antragsverfahrens: Das Verfahren zur Beantragung der Forschungszulage soll weiter vereinfacht werden, um insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen den Zugang zu erleichtern.

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